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Ein leicht kalkulierbares Angelrevier

Große Fischauswahl

„Salzige Luft, frischer Wind und bei jedem Wurf die Chance auf den Fisch des Lebens – das ist Bootsangeln auf dem Meer. Wer einmal Seeluft geschnuppert und heiße Drills im Boot auf dem Salzwasser erlebt hat, ist vom Bootsangeln infiziert“
Mats Korth

Das Meer verspricht zahlreiche Abenteuer und die Ostsee bietet Anglern einen besonderen Komfort, den sonst nur wenige Meere vorweisen können. Die Ostsee ist ein Brackwassermeer, das nur durch eine relativ schmale Öffnung, den Kattegat, mit dem Atlantik verbunden ist. Für Angler ist die Ostsee daher ein recht leicht kalkulierbares Angelrevier. Durch den Flaschenhals Kattegat passt nur so wenig Wasser hindurch, dass Ebbe und Flut praktisch nicht spürbar sind. Dies ist die wohl erheblichste Erleichterung, was die Planung eines Angeltörns auf der Ostsee angeht. Wind, Strömung und Wellen gilt es natürlich zu beachten, aber das Wasser ist zumindest jeden Tag dort, wo es auch am Vortag schon war – keine Selbstverständlichkeit auf den übrigen Meeren dieser Welt.

Neben Dorschen, auf die es die allermeisten Angler abgesehen haben, gibt es eine Reihe weiterer spannender Angelfische: Steinbutt, Scholle, Meerforelle, Seelachs und auch schmackhafte Heringe, Makrelen, Hornhechte. Die Möglichkeiten sind vielfältig, was die Fischarten angeht.

Abenteuer und Meditation

Einfach treiben lassen

Wer mit dem Boot vom Ufer losfährt, der legt ab – in vielfacher Hinsicht. Ablegen als Manöver des Skippers bedeutet auch, dass aller Alltagsballast abgelegt wird. Sorgen, Stress und Hektik – alles bleibt am Ufer.Angeln auf dem Wasser ist nicht nur die wohl spannendste Art, Fische zu fangen. Es bedeutet auch Ruhe im Geist, das Schweigen der inneren Stimme, die im Alltag pausenlos vor sich hinredet. Bootsangeln ist eine Mischung aus Meditation und Abenteuer, die viele menschliche Bedürfnisse auf einmal befriedigt. Wer dem Bootsangeln verfallen ist, kommt nur schwer wieder davon los – Gegenmittel unbekannt, zum Glück!

Was auf dem Meer schwimmt, treibt für gewöhnlich. Das gilt für eine Flaschenpost genauso wie für Kutter, Klein- und Schlauchboote. Wind und Strömung treiben an. Boote drehen sich normalerweise quer zur Treibrichtung und driften über die Längsachse.

Luv und Lee

Mit Rückenwind

Stoppt man also den Antrieb, übernehmen Wind und Strömung die Steuerung. Eine Seite des Bootes bekommt nun den Wind oder das strömende Wasser gegen die eine Bordwand. Diese ist die Abdrift- oder Luvseite. Einfach zu erkennen ist dies daran, dass einem mit Blick über die Reling der Wind ins Gesicht pustet.

Die andere Bordwand liegt im Windschatten. Diese Seite heißt Lee oder Andrift. Mit Blick über die Reling kommt dort der Wind von hinten. Oder anders erklärt: Ein ausgeworfener Köder würde bei geschlossener Rolle auf der Abdriftseite hinterher gezogen werden. In der Andrift dagegen treibt das Boot auf den Köder zu.
Genau diese beiden Effekte kann sich der Angler zu Nutze machen. Wer das Fischen in der An- und Abdrift beherrscht, wird immer mehr fangen als andere. Nicht umsonst haben meistens einige Wenige volle Kisten auf den Dorschkuttern und andere nur ein bis drei Dorsche landen können.

Andrift: Weiter Wurf mit dem Köder

Mit Rückenwind

Die Andriftseite befindet sich also in der Richtung, in die das Boot treibt. In diesem Bereich werden gewöhnlich Gummifische gefischt. Der Grund: Es kann exakt ausgemacht werden, wann der Jigkopf auf den Grund aufsetzt und kann ihn ohne Verzögerung wieder anheben und abtaumeln lassen.

Das funktioniert wie folgt: Grundlage ist ein weiter Wurf in Richtung Drift. Das sorgt auch dafür, dass unser Köder vor dem der anderen am Fisch ist. Die Rolle bleibt nach Auftreffen des Köders noch ein paar Sekunden geöffnet, damit der Köder senkrecht absinkt. Dann den Bügel schließen und mit ein paar Kurbelumdrehungen Spannung aufnehmen. Der Gummifisch sinkt an gespannter Schnur taumelnd ab. In dem Moment, in dem er auf dem Grund aufsetzt, treibt das Boot weiter auf den Gummifisch zu. Dabei fällt die gespannte Schnur lose und kringelt auf dem Wasser. Nun wird die Rute „angejiggt“. Der Gummifisch hebt vom Grund ab.

Ein paar zügige Kurbelumdrehungen sorgen wieder für eine gespannte Schnur. Der Köder taumelt wieder ab, bis er aufsetzt. Die Schnur fällt aufs Wasser und das Ganze fängt von vorne an.

Konzentration ist wichtig!
Das Fischen in der Andrift erfordert Aufmerksamkeit, Konzentration und je nach Gewicht des Köders auf Dauer etwas Kraft. Doch es lohnt sich, denn durch den hohen Aufwand und unterschiedliche Bisserkennungen (später mehr dazu) ist es auch eine der spannendsten Angelarten auf Dorsch.

Schnurwinkel beachten

Das richtige Ködergewicht

Die Andrift endet genau dann, wenn das Boot nicht mehr auf den Köder zutreibt, sondern von ihm gezogen wird. Je nach Wurfrichtung passiert das genau unter dem Boot oder auf einer gedachten Linie entlang der Längsachse des Bootes (wenn der Wurf schräg vom Boot weg ausgeführt wurde).
Auf Kippe ändert der Köder seine Richtung und taumelt bei zwei Hubbewegungen unterschiedlich. Die Dorsche finden das scheinbar verlockend und oftmals kommt dann der Biss. Direkt nach dem Wurf ist der Schnurwinkel durch die Entfernung von Boot zu Köder flach und es sollte nach oben gejiggt werden. Je dichter Boot und Köder aufeinander zukommen, desto steiler bewegt er sich vom Grund weg. Leichtes „Anlupfen“ kann dann schon ausreichen.

Damit das Prinzip funktioniert, muss der Köder schneller absinken als das Boot treibt, sonst wäre die Schnur nie gespannt. Zu schwere bzw. zu schnell sinkende Köder führen dazu, dass man mit dem Aufnehmen der losen Schnur kaum hinterherkommt. Es hängt also immer von den äußeren Bedingungen ab, wie viel ein Köder wiegen sollte. Vom 12 Gramm Meerforellenblinker bis zum 100 Gramm Jigkopf kann je nach Driftstärke, Wassertiefe und Boot alles nötig sein. Grundsätzlich sind Gewichte zwischen 20 und 60 Gramm für unser Revier vor Mommark üblich.

Köder und Biss

Drei Bissarten

Beim Angeln in der Andrift werden die Gummiköder optimal eingesetzt und spielen ihre Stärken aus. Dieser sollten sie somit auch nicht beraubt werden. Große oder mehrere Beifänger beeinträchtigen den taumelnden Lauf so sehr, dass am Ende wenig Bisse kommen. ​

In der Andrift sollten auch gerne Pilker entweder alleine oder mit einer Springerfliege gefischt werden. Härtere Bindematerialien wie z.B. Borstenwürmer aus Kuhschwänzen sind die erste Wahl. Sie spielen auch bei permanentem Zug. Schwerere Pilkergewichte vertragen einen kleinen Twister an einem leichten Kunststoffkopf – mehr aber nicht! Bisse zeigen sich auf drei unterschiedliche Arten. Der eindeutigste ist ein Ruck oder das berühmte „TOCK“ an der gespannten Schnur in der Absinkphase. Dieser kann unterschiedlich stark ausfallen und ist auch oft bis ins Handteil zu spüren. Genaues Beobachten der Schnur ist wichtig, denn viel öfter kann der kurze Ruck nur an der Schnur gesehen werden – dann heißt es sofort kräftig Anschlagen.

Abdrift

​Dorsche lieben Krebse

Schwimmt ein Fisch samt Köder im Maul auf das Boot zu, wird die Schnur trotz schneller Schnuraufnahme über die Rolle nicht richtig stramm. Nicht wundern, sondern anschlagen. Die dritte Variante ist, dass zwar kein Ruck erfolgt, aber die Schnur nicht wie gewohnt schlapp aufs Wasser fällt. Es ist nicht plötzlich so viel tiefer geworden, sondern ein eher zaghafter Dorsch ist am Werke. Die Abdriftseite ist die Seite, von der das Boot wegtreibt. Ein ausgeworfener Köder wird unweigerlich hinter dem Boot hergezogen. Hier sind Gummis ebenfalls oft Trumpf. Gummiköder entfalten ihren Reiz, wenn sie mehr oder weniger stetig durchs Wasser gezogen werden. Die beweglichen Schwänzchen von Gummifisch und Twister rotieren und senden optische Reize und Schallwellen aus. Angehoben taumeln sie nicht und sinken wie ein Stein zurück zum Grund. Daher imitieren sie auch nicht wie ein Pilker ein angeschlagenes Fischchen, sondern eher als was am Grund lebt und sich bewegt.

Besonders Krebse stehen da ganz oben auf dem Speisezettel der Dorsche. Das Fischen in der Abdrift ist lange nicht so komplex und schon gar nicht so anstrengend wie auf der Leeseite. Es kann aber genauso erfolgreich sein. Besonders wenn die Dorsche sich auf Krebse eingestellt haben, ist die Abdrift die bessere Seite.

Köder für die Abdrift

Köder sachte heben

Im Grunde ist es ganz einfach. Ein Gummifisch oder Twister wird auf einen stabilen Haken mit Bleikopf gezogen und einfach abgelassen oder kurz ausgeworfen. Das Gewicht des Kopfes muss ausreichen, um den Gummiverführer am Grund laufen zu lassen. Ist er zu schwer, pflügt er zu stark am Grund und verursacht Hänger oder sammelt laufend Wasserpflanzen auf. Ist der Grund voller Steine und Muscheln, werden Twister und Co. an Seitenarmen montiert. Diese laufen dann kurz über dem hakeligen Boden. Als Gewicht dient dann ein Pilker ohne Drilling.

​In der Abdrift sind die Ködergewichte immer etwas schwerer als in der Andrift, da sie sonst auftreiben würden. Je weiter der Köder vom Boot hinterher geschleppt wird, desto geringer müssen die Gewichte sein. Ein schräger Winkel um die 45 Grad ist optimal, denn dieser erlaubt ein Anheben des Köders mit der Rute. Dieser „Sprung“ des Krebses erregt Aufmerksamkeit bei den Dorschen in der Umgebung.

Ein Krebs in der Natur steigt auch mal auf, springt aber nicht wie ein Frosch durch die Gegend. Eine ruhige Hand ist also oft erfolgreicher als aktive Köderführung. Wer Anfänger mit an Bord hat, sollte diese auf die Luvseite setzen. Dort fängt mit der beschriebenen Methode jeder seinen Fisch.

Auf das Material kommt es an

Herbsttöne und Glitzerköder

Die unterschiedlichen Angeltaktiken auf den Seiten erfordern auch eine richtige Auswahl von Rute und Rolle. In der Abdrift sind kürzere handliche Ruten einfacher zu bedienen. Längen zwischen 2 bis 2,25m Metern sind optimal. Sowohl Baitcaster- als auch Stationärrollen sind geeignet. aaa Für die Andrift sind aufgrund des erforderlichen weiten Wurfes längere Ruten zwischen 2,25 bis 2,75m die beste Wahl.

Da das Aufnehmen der Schnur nach der Jigbewegung sehr zügig geschehen sollte, damit kein Biss verpasst wird, sind größere Stationärrollen angebracht. 4000er Größen sind da aber üblicher Weise völlig ausreichend.

Ködergewichte hängen wie oben erwähnt von den Bedingungen ab. Bei den Köderfarben gibt es Favoriten. Für Gummis am Grund sind Orange- und Brauntöne meistens am fängigsten. Sie imitieren die Krebse in den verschiedenen Lebenszyklen am ehesten. Etwas Kontrast mit schwarz oder Glitter ist oftmals zu empfehlen. Pilker gibt es in allen Tönen. Gelb-orange, schwarz-rot, pink und blau-silber – einer davon geht eigentlich immer. Die richtige Führung ist eher der Schlüssel zum Erfolg.

Wo fange ich was?

Dorsche findet man hier immer

Mein absoluter Lieblingsplatz Pøls Rev zeichnet sich aus durch das sehr strukturreiche Riff. Hier kann man im Prinzip ganzjährig auf die gesamte Palette der Ostseebewohner angeln. Der Untergrund wechselt ständig zwischen Steinfeldern, Steinkanten, Muschelbänken, Kieselgrund, Krautfeldern und Sandboden. Hier ist auch ein sehr guter Spot für dicke Schollen in sechs bis acht Meter tiefem Wasser rund um das Riff.

Meine Lieblingsjahreszeit sind die Monate November und Dezember, denn mit fallender Wassertemperatur ziehen die Dorsche ins flache Wasser am Riff, um sich mit Krabben vollzufressen. Dann bin ich zur Stelle, mit leichten Spinnruten und kleinen Gummifischen. 70er-Dorsche im flachen Wasser an der Spinnrute – es gibt nichts Schöneres. An dieser Stelle lohnt auch ein gezielter Trip auf Steinbutt.